Die Einbeziehung von Erwägungen des öffentlichen Interesses bei der Anwendung des Kartellrechts

Kolloquium an der Sorbonne Universität, Paris,

Vortrag von Frau Professor Hildebrand zur Europäischen Denkschule

DIE EINBEZIEHUNG VON ERWÄGUNGEN DES ÖFFENTLICHEN INTERESSES BEI DER ANWENDUNG DER EU-WETTBEWERBSREGELN

 

Am 26. November 2020 fand das Kolloquium, organisiert vom Institut de Recherche Juridique de la Sorbonne (IRJS) der Universität Paris 1, Panthéon Sorbonne, im Amphi Liard, Cour de la Sorbonne, statt. 

 

Ziel des Kolloquiums war es, die Erwägungen des öffentlichen Interesses im Kartellrecht zu erörtern.

 

Während die Chicago-School "Effizienzgewinne" in das Zentrum der kartellrechtlichen Anwendung stellt, geben die europäischen Wettbewerbsregeln vor, dass bei der ökonomischen Auslegung des Kartellrechts das Wohlergehen der Bürger zu erforschen und zu berücksichtigen ist. Das Wohlergehen der Bürger entspricht den programmatischen Zielen der EU-Lissabon-Strategie und ist im Vertrag der Europäischen Union festgeschrieben. Würde die Chicago-School in Europa Anwendung finden, so wären bei der Anwendung der Wettbewerbsregeln öffentliche Interessen zu negieren. Mit anderen Worten: Die europäische Wettbewerbspolitik wäre von den Interessen der europäischen Bürger entkoppelt. Entsprechend der europäischen Denkschule sind jedoch die Gemeinwohlziele in die Anwendung der Wettbewerbsregeln aufzunehmen. 

 

In der Diskussion werden oftmals Argumente gegen eine Inklusion von Erwägungen des öffentlichen Interesses bei der Anwendung des Kartellrechts angeführt. In Wirklichkeit sind diese Erwägungen jedoch bereits in der Konzeption des Kartellrechts aufgenommen: die Bekämpfung von Kartellen und Missbräuchen sowie die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen. Nichtsdestotrotz ist das Kartellrecht nicht mechanisch und blind anwendbar. Daher ist es zulässig, in der ökonomischen Abwägung Interessen des Gemeinwohls explizit aufzunehmen. 

 

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